Geschrieben von: Jörg Hoppe
Hauptkategorie: Verein intern
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+++ 08.01.2014 +++

 Der Bastelabend am 7. Januar 2014 war ein großer Erfolg für die PDP-11 Fans im CCG:

UNIX läuft jetzt auf einer historischen Maschine, die damit für spätere und heutige Softwareentwicklung offen wird.

... in den Grenzen damaliger Hardware.

Der Plan

Als Fernziel wollen wir ein originales UNIX V6 System aufbauen, bestehend aus PDP-11/40 CPU, RK05 Laufwerk, ASR33 Fernschreiber und TM Bandlaufwerk. Das entspricht der Konfiguration, die in "Lions Commentary" ausführlich dokumentiert wurde.

Unser System können wir daher als "Ur-Maschine für die Entwicklung quelloffener Software" ausstellen (nun ja, Klappern gehört zum Handwerk).

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Der Weg

Thomas hat bereits seine PDP-11/40 lauffähig bekommen und einen ASR33 flottgemacht. Ein lauffähige Bandlaufwerk
hatte er schon im April 2013 auf dem VCFE 14 vorgeführt.

Offen war noch das RK05 Laufwerk (Info hier), sowie die Frage, wie das image einer Unix V6 Systemplatte auf die originale Maschine überspielt werden kann.

Unix V6 Software ist im Internet übrigens leicht zu finden ... das System diente sogar heute noch als Grundlage für Schulungskurse über Betriebssysteme am MIT.

* Zunächst wurden im Herbst 2013 aus Nienhagen und Husum RK11-Controller für PDP-11 sowie mehrere defekte RK05 Laufwerke beschafft. Der RK11-Controller besteht aus 4 Modulen und einer eigenen Backplane ... man kann ihn also nicht "einfach mal so" irgendwo einstecken.

 

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Photo ©: Jörg Hoppe / Goettingen-Germany / Computer Cabinett Goettingen e.V. / Creative Commons CC BY-NC-SA 4.0

* Über die Weihnachtsferien hat Thomas RK05's geputzt und repariert.

* Parallel dazu hat Jörg seine "PDP11GUI" Software so erweitert, dass sie auf der eingeschränkten PDP11/40 console arbeiten kann (Stichwort "M9312 console emulator"). Ausserdem wurde ein Treiber für RK11/RK05 controller programmiert ... in PDP-11 assembler. Mangels echter Hardware wurde das System am Simulator SIMH getestet.

Der Abend                 

Am Bastelabend am 7.1.2014 wurde schliesslich alles zusammmengebracht. Die RK05 wurden an der PDP-11/34 des CCG betrieben, das sollte aber keinen Unterschied zur später geplanten 11/40 machen.

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Bei einem RK05 wurden noch abschliessend die Verstärker für den optischen Positionierer kalibiriert, das Laufwerk konnte nämlich vorerst nur auf Spur 0 zugreifen. Beim RK05 wird die Spurlage des Schreib/Lesekopfes über eine Lampe, Fotozellen und ein optisches Lineal ermittelt.

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Das Einmessen geschah nach der originalen Service-Anleitung. Ein Vorzug der alten Wire-Wrap-Technik ist übrigens, dass man Testpunkte im Überfluß hat (siehe Bild).

* * *

Zum Testen wurde PDP11GUI wurde an die PDP-11/34 gehängt und übernahm die Kontrolle. Es lief auf Anhieb fehlerfrei, was nicht unbedingt zu erwarten war: Entwickelt wurde schliesslich nicht an einem echten RK05, sondern nur an der SimH-Simulation eines solchen.

Zuerst wurde eine RK05 Platte ausgelesen. Es dauerte eine Weile, die 2.5 Megabyte über eine serielle Leitung mit 9600 Baud von der PDP-11/34 auf ein Notebook zu überspielen (für Jörg eine spannende Stunde).


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Dann wurde ein RK05 Platten-Abbild (image) mit einem bootfähigen UNIX V6 System darauf auf die RK05 cartridge zurückgespielt (wieder eine Stunde banges Warten).

Erst jetzt fiel uns auf, dass wir gar keinen Bootlader für RK Laufwerke in unserer Test-PDP-11 hatten. Wir konnten also zunächst von der neuen UNIX Platte gar nicht starten. Das war bei den Vorbereitungen unbemerkt geblieben, denn schliesslich hatten wir noch nie bootfähige Software auf RK05 Platten besessen.

Wie so oft half uns Kai aus der Klemme und spendierte aus seinen Beständen ein "DK" Boot-ROM für die "M9312" ROM-Karte in unserer PDP-11/34.

Dann kam ein weiterer spannender Moment: Das ROM wurde eingesteckt, die 11/34 angeschaltet, als Boot Befehl wurde nur ein "DK" eingetippt ... und UNIX V6 startete tatsächlich!


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Photo ©: Jörg Hoppe / Goettingen-Germany / Computer Cabinett Goettingen e.V. / Creative Commons CC BY-NC-SA 4.0

Spannend war zu sehen, wie jedes eingetippte UNIX Kommando den RK05-Kopf in heftigste Bewegung versetzte.

Das meiste Gezappel gab es natürlich bei der globalen Dateisuche mit

% find / -name irgendwas

Neben dem Show-Effekt war das gleichzeitig ein Stresstest für das frisch kalibrierte RK05. Und wieder lief alles völlig fehlerfrei!

Ausblick

Wir beherrschen jetzt alle Komponenten für unser historisches "UNIX V6" System. Der Rest ist Schrauberei ... und ständige Reparatur dieser alten System!

Das fertige System soll am 27. und 28. März 2014 bei der "KSFE 2104" (18. Konferenz der SAS Anwender in Forschung und Entwicklung) im Zentralen Hörsaalgebäude der Universität Göttingen gezeigt werden. Dort erhält das CCG Gelegenheit zur Selbstdarstellung.