Geschrieben von: Jens Kirchhoff
Hauptkategorie: Für die Öffentlichkeit
Kategorie: Fachartikel
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+++ 19.08.2020 +++

Das Video des CHAP ist Anlass für uns, bei der Verfolgung des weltweiten Einsatzes mit beitzutragen. Denn in Göttingen wurde diese Maschine eingesetzt und ist - als absolute Rarität - noch  im Rechnermuseum der GWDG vorhanden aber nicht mehr ausgestellt.

Fastrand3 5bk Klein

Bilder in Vollauflösung im Anhang! Photo Photo ©: Jens Kirchhoff / Goettingen-Germany / Computer Cabinett Goettingen e.V. / Creative Commons CC BY-NC-ND 4.0

Der Einsatz dieses frühen Trommelspeichers ist beschrieben in der Sonderausgabe "40 Jahre GWDG" der GWDG-Nachrichten (S.138 ff).

UNIVAC 1108 Schild

Demnach wurde die UNIVAC 1108 MP (Mehrprozessor) dort am 17.7.1970 aufgebaut und ab 18.01.1971 eingesetzt.

Anfangskonfiguration der GWDG
• 1 Prozessor
• Hauptspeicher: 128 K.Worte
• Leistung: ca. 1 MIPS2
Magnettrommelspeicher: FASTRAND III,
  FH 432, 2 Einheiten FH 1782
• Magnetbandgeräte:
   UNISERVO VIC (6 Laufwerke)
• 1 Ein-/Ausgaberechner:
   UNIVAC 9300 mit Drucker, Kartenleser und
-stanzer

Die Schaltungstechnik und technische Daten sind - zum Teil illustriert - in dem o.g. Sonderheft beschrieben. Im Rechnermuseum findet man die Originalplatinen in der Flurvitrine 2 ("Schaukasten 1B" steht oben links) und 6 ... mit der kompletten Kernspeichermatrix und deren Ansteuerung ("Schaukasten4" steht oben links).

Vitrine 02 Schaltungstechnik 03 Klein

Vitrinen-Ausschnitt : Rechnermuseum der GWDG / Göttingen

Photo ©: Jens Kirchhoff / Goettingen-Germany / Computer Cabinett Goettingen e.V. / Creative Commons CC BY-NC-ND 4.0. & Gesellschaft für Wissenschaftliche Datenverarbeitung 2019

Vitrine 06 Kernspeicher Ansteuerung UNIVA 1108 10k Klein

Vitrinen-Ausschnitt : Rechnermuseum der GWDG / Göttingen

Photo ©: Jens Kirchhoff / Goettingen-Germany / Computer Cabinett Goettingen e.V. / Creative Commons CC BY-NC-SA 4.0  & Gesellschaft für Wissenschaftliche Datenverarbeitung 2019

Laut Aushang an dem Gerät wurde es " als Massenspeicher der Univac 418-III bis Anfang 1979 bei der GWDG" eingesetzt. Das klärt sich auf im o.g. Sonderheft S.143, wo beschrieben wird: " Im November 1977 wurde einer der beiden Magnettrommelspeicher
Fastrand III an die U418-III angeschlossen."

UNIVAC 418 III Schild

 

 Fastrand3 4 Klein  Fastrand3 10k Klein

 Photo ©: Jens Kirchhoff / Goettingen-Germany / Computer Cabinett Goettingen e.V. / Creative Commons CC BY-NC-ND 4.0 & Gesellschaft für Wissenschaftliche Datenverarbeitung 2019

FASTRAND III-Nahaufnahmen : Rechnermuseum der GWDG / Göttingen

Photo ©: Jens Kirchhoff / Goettingen-Germany / Computer Cabinett Goettingen e.V. / Creative Commons CC BY-NC-SA 4.0  & Gesellschaft für Wissenschaftliche Datenverarbeitung 2019

 

Technische Daten:

Kapazität: 33.030.144 Wörter
(Wortlänge: 36 Bits)

Aufzeichnungsverfahren:

Modifizierte Frequenzmodulation

Aufzeichnungsdichte: 630 Bit/cm Spurendichte: ca. 11 Spuren/cm

Informationsdichte des Speichermediums: ca. 26000 Bit/cm2

Magnetisierbare Schicht: Kobalt-Nickel-Legierung

Schichtdicke: 0,5 µm

Spurbreite: 0,08 mm

Spuren pro Oberfläche: 6349
Anzahl Sektoren pro Spur: 96
Anzahl Wörter pro Sektor: 28
Kopfträger mit:

64 Schreib-/Leseköpfen
1 Positionierungskopf
1 Ersatzkopf

Umdrehungsgeschwindigkeit: 880 U/min

mittlere Zugriffszeit: 92 ms

Datenübertragungsrate: 1,74 Mbit/sec

Gesamtgewicht: 2472 kg

 

Beschreibung:

Im Großraummagnettrommelspeicher FASTRAND III sind zwei Trommeln zu einer Einheit zusammengefaßt. Jede der beiden Trommeln enthält 6144 Datenspuren. Jede Spur ist in 96 Sektoren mit je 28 Datenwörtern zu je 36 Bits gegliedert. 201 Spuren pro Trommel werden zur Positionierung der Schreib-/Leseköpfe benötigt. Eine Spur enthält Taktinformation, eine weitere Spur weist Markierungen für die Sektoranfänge auf. 4 Spuren auf jeder Trommel bieten Ersatz für unbrauchbar gewordene Speicherplätze.
Zwischen beiden Trommeln ist in einer Schiene ein Kopfträger angebracht, der durch einen Linearmotor achsenparallel zu beiden Trommeln bewegt werden kann. Zweck dieser Bewegung ist es, insgesamt 64 am Kopfträger montierte Schreib-/Leseköpfe in eine von 192 möglichen Positionen zu bringen. Neben den 64 Schreib-/Leseköpfen, von denen jeweils 32 einer Trommel zugewandt sind, befindet sich am verschiebbaren Kopfträger noch für jede Trommel ein Kopf, der die 201 Positionierungsspuren der ihm zugeordneten Trommel überstreicht, sowie jeweils ein Ersatzkopf. Bei den zwei Köpfen zur Erzeugung des Bittaktes und der Sektormarkierungen sowie den Köpfen für die Ersatzspuren handeltes sich um Festköpfe, die an den beiden Seitenwänden des Speichers angebracht sind.

Eine Bewegung des Kopfträgers von Po­sition 0 bis Position 191, bei der jeder der insgesamt 64 Schreib-/Leseköpfe über ei­ne Strecke von ca. 5 cm die ihm zugeord­neten 192 Spuren überstreichen muß, dau­ert 86 Millisekunden. Eine Bewegung zur benachbarten Position erfordert 30 ms. Sind die Köpfe positioniert, kann im Nor­malfall ohne weitere Bewegung des Kopf­trägers auf Datenbestände, die in 64 Spu­ren gespeichert sind, zugegriffen werden. Bis der Anfang des zu lesenden oder zu schreibenden Sektors an einem Schreib-/Lesekopf angelangt ist, vergehen höchstens 70 ms. Die maximale Zugriffs­zeit addiert sich aus der längsten Kopf-Positionierungszeit und der maximalen Drehwartezeit zu 156 Millisekunden. Wird ein durch eine Fehlerstelle un­brauchbar gewordener Sektor adressiert, so muss, nachdem auf der entsprechen­den Spur die gesuchte Adresse nicht ge­funden wurde, erneut mit einem festen Kopf auf einer Ersatzspur nach diesem Sektor gesucht werden. Dadurch verge­hen im Mittel zusätzliche 220 ms, bis auf den gewünschten Sektor zugegriffen wer­den kann.

Für das Lesen eines Sektors beträgt die Übertragungszeit 20 Mikrosekunden pro Wort. Die Schreib-/Leseköpfe gleiten auf einem Luftkissen, das durch die Rotation der Trommel und die konstruktive Gestaltung des Kopfes erzeugt wird. Dieses Luftkis­sen sorgt für einen konstanten Abstand der Köpfe zur Trommeloberfläche von ca. 10 Mikrometer. 

Sektorformat:

Tatsächliche physikalische Größe eines Sektors (Spurbreite x Sektorlänge): ca. 0,08 mm x 20 mm

Schematische Darstellung eines Sek­tors

1. Adreßfeld

   a. Bitmuster aus ca. 25 Einsen zur Synchronisation der Leseelektronik

   b. Startbit („0")

   c. Gültigkeitsmarkierung

      „001100": gültiger Sektor

      „000000": Sektor mit Fehlerstelle (gelöscht)

   d. Sektoradresse (24 Bits), davon:

       3 Bits: Einheitennummer innerhalb eines Trommelspeicheruntersystems (0...7)

       8 Bits: Positionsnummer (0...191)

       6 Bits: Kopfnummer (0...63)

       7 Bits: Sektornummer (0...95)
    e. Endmarkierung

2. Lücke (Länge ca. 9 Bits)

3. Datenfeld

      a Bitmuster aus ca. 25 Einsen zur Synchronisation der Leseelektronik

      b Startbit („0")

      c Daten

       168 6-Bit-Zeichen entsprechend

       28 36-Bit-Wörter

      d Füllzeichen („001100")

      e Prüfsumme (1 6-Bit-Zeichen)f.Endmarkierung („0111")

4. Lücke (Länge ca. 9 Bits)

Anmerkung zum Schluss: Sämtliche Beschreibungen zu historischen Angelegenheiten - in den GWDG-Nachrichten, in der online-Datenbankerfassung der Universitätssammlungen und den Ausstellungsschildern - sowie den Aufbau des Rechnermuseums verdanken wir unserem ehemaligen Mitglied und Angestellten der GWDG Manfred Eyßell.